Ab 21.6.2012 hat sich das Recht internationaler Scheidungen grundlegend geändert. An die Stelle des deutschen Rechts ist in zahlreichen europäischen Staaten die Rom-III-Verordnung getreten.
In Deutschland leben mehr als 2 Millionen Bürger aus EU-Staaten. Umgekehrt leben immer mehr Deutsche auch in anderen Staaten der EU. Für eine etwaige Scheidung bringt die Rom-III-Verordnung Erleichterungen gegenüber dem bisherigen Recht. Das deutsche Recht (Art. 17 EGBGB) stellt hinsichtlich der Frage, welches nationale Recht bei der Scheidung zum Zug kommt, auf das Ehewirkungsstatut und damit in erster Linie auf die Staatsangehörigkeit ab (Art. 17 EGBGB). Nach der EU-Verordnung bestimmt sich das auf die Scheidung anwendbare Recht nunmehr nach der folgenden „Anknüpfungsleiter“.
Möglichkeit der Rechtswahl
Ehegatten können durch Vereinbarung das anwendbare Recht wählen (Art. 5 Abs. 1 Rom-III-VO). Als Wahlmöglichkeit steht ihnen das Recht das gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts oder des letzten gewöhnlichen Aufenthalts zu, vorausgesetzt einer der Ehegatten hat zum Zeitpunkt der Rechtswahl noch einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort. Sie haben außerdem die Möglichkeit das Recht des Staates zu wählen, dem einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl angehört. Als letzte Alternative bleibt die Wahl des Rechts des Staates, in dem sich das Gericht befindet, bei dem Scheidungsantrag gestellt wird. In Deutschland bedarf die Rechtswahl nach dem Entwurf des Bundesjustizministeriums eines Ausführungsgesetzes der notariellen Beurkundung (Art. 46d Abs. 1 EGBGB-E). Die Rechtswahl ist noch im Zusammenhang mit einer Trennungs- und Scheidungsvereinbarung möglich. Sie kann aber auch bereits in „guten Tagen“ vertraglich geregelt werden.
Anknüpfungsleiter mangels Rechtswahl
Haben Ehegatten keine diesbezügliche Vereinbarung getroffen, gilt in der nachstehenden Reihenfolge (Art. 8 Rom-III-VO) das Recht des Staates,
- in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Scheidungsgerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
- in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern sie keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mehr zum Zeitpunkt der Anrufung des Scheidungsgerichts haben, aber einer der Ehegatten dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- der gemeinsamen Staatsangehörigkeit beider Ehegatten.
- hilfsweise in letzter Linie des angerufenen Scheidungsgerichts.
Überraschungen aufgrund des Aufenthalts
Praktische Bedeutung hat dies insbesondere für ausländische Paare im Inland, für die deutsche Familiengerichte nunmehr deutsches Scheidungsrecht anwenden. Überraschend kann die Regelung für deutsche Paare sein, die im Ausland wohnen und sich scheiden lassen wollen. Mangels einer Rechtswahl ist für ihre Scheidung, auch wenn sie in Deutschland geheiratet haben und beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, das ausländische Scheidungsrecht anwendbar. Lebt ein deutsches Ehepaar in Spanien, findet das spanische Recht auf ihre Scheidung Anwendung. Allerdings können die deutschen Ehegatten gemeinsam die Anwendung des deutschen Scheidungsrechts vertraglich vereinbaren.
Betroffene Staaten
Die Vereinheitlichung des Scheidungsrechts ist allerdings noch nicht vollständig. Außer Deutschland haben bisher dreizehn weitere Staaten der EU, nämlich Belgien, Bulgarien, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn die Verordnung ratifiziert. Für alle anderen Staaten der EU und das übrige Ausland bleibt es vorerst bei der komplizierten Prüfung nach internationalem Privatrecht, welches Recht anwendbar ist.I Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Notar in Regen und Zwiesel
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