Zugleich erweist sich das nationale Strafrecht und die nationale Justiz in diesen Fällen häufig als unzureichend. Da Völkerrechtsverbrechen in der Regel von Angehörigen eines Staatsapparats begangen oder zumindest unterstützt werden, können diese oftmals auf die nationale Strafverfolgung erheblichen Einfluss ausüben. Die hieraus folgende Straflosigkeit (englisch: impunity) der Täter wird nach heutigem Verständnis als Verstoß gegen die universell geltenden Menschenrechte der Opfer angesehen. Die Entwicklung des Völkerstrafrechts steht damit in engem Bezug zur Entwicklung der Menschenrechte. Während die Menschenrechte Individuen berechtigen, regelt das Völkerstrafrecht Verpflichtungen von Einzelpersonen. Dabei ist das Völkerstrafrecht - wie das Strafrecht allgemein - das schärfste Mittel (ultima ratio) und findet nur bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen Anwendung.
Das Völkerstrafrecht stellt eine entscheidende Veränderung zweier grundlegender Prinzipien des klassischen Völkerrechts dar. Indem es Einzelpersonen unmittelbar verpflichtet, stellt es einerseits einen Umbruch im hergebrachten völkerrechtlichen Verständnis dar, wonach allein Staaten Völkerrechtssubjekte sind. Zum anderen findet der Grundsatz der staatlichen Souveränität Einschränkungen, da schwere Menschenrechtsverletzungen nicht mehr als innere Angelegenheiten eines Staates angesehen werden, sondern international verfolgt werden können.
Neben den materiellrechtlichen Voraussetzungen, welche eine Strafbarkeit im Einzelnen festlegen, gehört auch das dazugehörige Prozessrecht zum Völkerstrafrecht. Hierzu gehören etwa Regelungen zur Verfahrensweise vor internationalen Strafgerichten. Die heute wichtigste Institution zur Durchsetzung des Völkerstrafrechts ist der Internationale Strafgerichtshof.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ideen zur Schaffung einer internationalen Strafjustiz existieren historisch schon lange, doch erst im 20. Jahrhundert haben diese konkrete Gestalt angenommen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Versailler Vertrag die Anklage des deutschen Kaisers Wilhelm II. wegen internationaler Verbrechen vorgesehen. Aufgrund der Weigerung der Niederlande, Wilhelm II. auszuliefern, kam es aber nicht dazu (siehe auch: Leipziger Prozesse).http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerstrafrecht
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Verbrechen gegen die Menschlichkeit (englisch crime against humanity, französisch crime contre l’humanité) ist ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der zum ersten Mal 1945 im Londoner Statut des für den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des NS-Regimes geschaffenen Internationalen Militärgerichtshofs als Tatbestand vertraglich festgelegt und seitdem auch in nationale Strafgesetzbücher aufgenommen wurde.Inhaltsverzeichnis
- 1 Entwicklung des völkerrechtlichen Begriffs
- 2 Definition der Londoner Charta vom 8. August 1945
- 3 Definition im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
- 4 Strafbarkeit nach nationalem Recht
- 5 Zur Terminologie: „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ oder „… gegen die Menschheit“?
- 6 Siehe auch
- 7 Literatur
- 8 Weblinks
- 9 Einzelnachweise
Entwicklung des völkerrechtlichen Begriffs
Eine wichtige völkerrechtliche Setzung war die Verurteilung des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich am 24. Mai 1915 in einer Protestnote durch die Triple Entente; England, Frankreich und Russland drohten der jungtürkischen Regierung darin, diese „Verbrechen gegen die Menschheit und gegen die Zivilisation“ würden nach Kriegsende verfolgt werden. Juristisch wurde der Begriff erstmals 1946 zur Ahndung der Kriegsverbrechen bei den Nürnberger und Tokioter Prozessen definiert und benutzt (siehe auch: Völkermord). Dieses Vorgehen war damals umstritten, da nach rechtsstaatlichen Prinzipien eigentlich nur Verbrechen verfolgt werden können, die nach dem Erlass des entsprechenden Gesetzes begangen werden. Damit soll Willkür bei Strafmaß und Definition des Straftatbestands verhindert werden. Der Hinweis auf das nationalstaatliche Rückwirkungsverbot im Strafrecht greift hier zu kurz, da das Nürnberger Tribunal sich auf das Völkerrecht bezog und auf internationale Verträge und Verbindlichkeiten hinwies, die durch das NS-Regime im internationalen Maßstab verletzt bzw. ignoriert wurden.In den Nürnberger Prozessen wie auch in mehreren Verlautbarungen der Vereinten Nationen wurde und wird die Massenvernichtung in Konzentrationslagern als Verbrechen gegen die Menschlichkeit beurteilt. Da die „industrielle Tötung von Menschen“ (Hannah Arendt) sich nicht ausschließlich gegen solche jüdischer Abstammung gerichtet habe, handle es sich nicht durchgehend um Völkermord, sondern wird unter „crime against humanity“ subsumiert.
Seit dem 1. Juli 2002 besteht der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag als ständige Institution zur Verfolgung dieser Verbrechen. Der IStGH berücksichtigt den oben genannten Rechtsgrundsatz und darf nur Straftaten verfolgen, die nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs begangen wurden.
Definition der Londoner Charta vom 8. August 1945
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit, unter anderem: Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Akte gegen die Zivilbevölkerung oder: Verfolgung aufgrund von rassistischen, politischen und religiösen Motiven; unabhängig davon, ob einzelstaatliches Recht verletzt wurde.“
Definition im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs
Artikel 7 des 2002 in Kraft getretenen Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs als Rechtsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofes definiert den Begriff „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Einzelnen. Die Vorschrift listet eine Vielzahl einzelner Handlungen (wie etwa vorsätzliche Tötung) auf, die jeweils dann ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, wenn sie im Zuge eines „ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ erfolgen. Im Gegensatz zu Kriegsverbrechen können Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch außerhalb bewaffneter Konflikte begangen werden. In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass ein Täter bezüglich der einzelnen Tathandlung vorsätzlich sowie in Kenntnis des systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung handelt.Artikel 7 des Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs:
- Absatz 1: Jeder der folgenden Akte, wenn sie im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs erfolgen:
- (a) vorsätzliche Tötung
- (b) Ausrottung
- (c) Versklavung
- (d) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung
- (e) Freiheitsentzug oder sonstige schwerwiegende Beraubung der körperlichen Freiheit unter Verstoß gegen die Grundregeln des Völkerrechts
- (f) Folter
- (g) Vergewaltigung, sexuelle Versklavung, Nötigung zur Prostitution, erzwungene Schwangerschaft, erzwungene Sterilisation und ähnliche schwere sexuelle Eingriffe
- (h) Verfolgung einer Gruppe oder Einheit aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen, religiösen, geschlechtlichen oder anderen Gründen, die allgemein als unzulässig anerkannt sind im internationalen Recht in Verbindung mit diesem Paragraph und den anderen Verbrechen, die der Jurisdiktion dieses Gerichtes unterliegen.
- (i) Apartheid
- (j) Zwangsweises Verschwindenlassen von Personen
- (k) Andere unmenschliche Behandlungen ähnlichen Charakters, die vorsätzlich großes Leid oder schwere körperliche oder mentale Verletzungen verursachen.
- Absatz 2: Zur Definition von Absatz 1:
http://de.wikipedia.org/wiki/Verbrechen_gegen_die_Menschlichkeit
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