2014/11/03

"Er sagte, er werde mit einem Stock verprügelt" Der Vater bekommt einen Anruf aus dem Schulhort: Sein Sohn erzähle dort, er werde zu Hause geschlagen. Der Vater lacht beinahe, als er das hört. Das lässt sich schnell aufklären, glaubt er. Ein Irrtum.

 „Wir haben es von mehreren Seiten gehört. Zudem hat es Liam selbst erzählt“

"Wir haben es von mehreren Seiten gehört. Zudem hat es Liam selbst erzählt"
Da war dieser Anruf. "Ich würde gern mit Ihnen reden, es geht um Ihren Sohn", sagt die besorgte Stimme der Mitarbeiterin eines freien Trägers der Hamburger Jugendhilfe. "Und bitte kommen Sie als Eltern – beide."
Beunruhigend? Fanden wir nicht. Gespräche über die Kinder pflastern den Weg durch die Krippen-, Kita-, Grundschuljahre. Zumal, wenn man zwei Jungen erzieht, zu jenem Zeitpunkt neun und 13 Jahre alt.
Als wir ein paar Tage später bei Frau Raubal* im Büro saßen, müssen wir komisch geschaut haben, als sie uns sagte: "Uns liegen Informationen vor, die den Verdacht nähren, dass Sie Ihren Sohn Liam zu Hause schlagen..." Wie bitte? Jetzt nur nicht lachen. Das macht verdächtig. Also etwas sagen.
Hinter dicken Brillengläsern sah uns eine etwa 55-jährige Frau an, mit der wir nie zuvor zu tun hatten. Die Chefin der Horts, der in der Schule liegt, aber von einem freien Träger betrieben wird. Für die Betreuung unseres Neunjährigen an den Nachmittagen waren zwei andere Erzieherinnen zuständig.
Ich hatte umgehend das Gefühl, dass meine Reaktionen beobachtet werden. Ich durfte mich nicht verdächtig machen. Ich musste etwas sagen. "Ich finde es gut, dass Sie uns hergebeten haben. Und dass Sie sich des Themas annehmen. Man muss solchen Dingen nachgehen. Natürlich werden wir alles tun, um bei der Aufklärung zu helfen. Und ich darf Ihnen versichern: Meine Frau und ich schlagen unsere beiden Kinder nicht."

Überzeugt von einer gewaltfreien Erziehung

Sara, meine Frau, mischte sich ein: "Um welche Informationen handelt es sich denn?" Das hatte ich ganz vergessen zu fragen. Sollte ich jetzt wirklich betonen, dass wir von einer gewaltfreien Erziehung überzeugt sind? Dass wir aus diesem Grund auch nie Spielzeugwaffen gekauft haben? Keine Computerspiele, keine Konsolen? Unser Fernseher ist 15 Jahre alt – und Anlass für Spott für die Freunde unserer Kinder.
"Wir haben es von mehreren Seiten gehört. Zudem hat es Liam selbst erzählt. Er sagte, er werde sogar mit einem Stock verprügelt, regelmäßig." Oh Gott, jetzt habe ich tatsächlich das Gesicht zu einem Grinsen verzogen. Das ist zu absurd. Mit einem Stock.
Hatte Liam etwa von unseren Gefechten mit den Zierbambusstöcken erzählt, die im Wohnzimmer in einer Vase stehen? Ja, ich hatte ihm mitunter, wenn er seine Deckung vernachlässigte, damit einen Treffer auf den Hintern versetzt. Aber das erzählte ich Frau Raubal lieber nicht.
Ich spürte, dass sie uns nicht glaubte
Ich blickte auf. Frau Raubals Blick haftete auf uns. Ich spürte, dass sie uns nicht glaubte. Mir fiel Frau Prysselius ein, die "Prusseliese", diese strenge Erzieherin, die Pippi Langstrumpf ins Heim stecken wollte, die Heldin meiner Kindheit.
"Ich denke, das wird sich aufklären", höre ich mich sagen. Ich fragte die Erzieherin, ob sie mit meinem Sohn darüber gesprochen hat. Sie verneinte. Sie solle das tun, sagte ich. "Wir kommen Ihnen entgegen und werden das zu Hause nicht thematisieren, um ihn nicht zu beeinflussen."

Meldung ans Jugendamt

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article133954271/Er-sagte-er-werde-mit-einem-Stock-verpruegelt.html 

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