Wie viele Jugendliche auf diese Hilfe angewiesen sind, ob es sich tatsächlich um 20.000 junge Menschen handelt, die auf Deutschlands Straßen leben, kann so genau keiner sagen. Aus einfachem Grund: In Deutschland gibt es – im Gegensatz zu anderen Ländern wie Dänemark – keine staatlich veranlasste Erhebung, wie viele Kinder und Jugendliche tatsächlich obdachlos sind.
Nur Schätzungen zu obdachlosen Jugendlichen
Im jüngsten Armutsbericht der Bundesregierung von 2013 findet man lediglich ungefähre Schätzungen, basierend auf Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Demnach waren 2010 von insgesamt 248.000 wohnungslosen Personen 20,9 Prozent 25 Jahre alt oder jünger. Spezielle Angaben zu Kindern und Jugendlichen unter 21 Jahren gibt es nicht.
Wird das Thema nicht ernst genug genommen? Auf Nachfrage von FOCUS Online heißt es aus dem von Andrea Nahles (SPD) geführten Ministerium für Arbeit und Soziales nur: „Jedes Kind, das auf der Straße lebt, ist eines zu viel.“ Verwiesen wird auf die Kommunen und Jugendämter, die in dieser Angelegenheit zuständig seien. Und aufs Familienministerium.
Die dort zuständige Ministerin Manuela Schwesig (CDU) hat nun immerhin die Ergebnisse des kürzlich abgehaltenen Bundeskongresses der Straßenkinder entgegengenommen. Schwesig will die Vorschläge prüfen. Bei dem Treffen hatten Jugendliche Vorschläge formuliert, wie sich ihre Situation verbessern ließe – etwa durch Lebensmittelgutscheine, mehr Sozialarbeiter oder mehr Wohnräume.
Welche gravierenden Folgen das haben kann, sieht man am Beispiel von Lukas*. Der heute 18-Jährige lebt seit fünf Jahren in Berlin, eigentlich kommt er aus der Nähe von Leipzig. Doch dort war er schon lange nicht mehr. „Als ich sechs Jahre alt war, haben mich meine Eltern ins Heim gegeben“, erzählt er. „Ich kam zu einer Pflegefamilie, der Vater hat mich regelmäßig geschlagen, wenn ich zum Beispiel in der Schule besser war als seine leiblichen Kinder. Mit zehn Jahren bin ich dann auf die Straße, dort lebe ich seitdem.“ *(Name auf Wunsch geändert).
http://www.focus.de/politik/deutschland/heim-als-horrorvorstellung-lieber-strasse-als-jugendamt-warum-die-aermsten-kinder-deutschlands-behoerden-fuerchten_id_4254066.html
"Jugendämter viel zu schlecht ausgestattet"
Die Frage ist nur: Wird sich dadurch die Lage für tausende obdachlose Jugendliche tatsächlich ändern? Kurzfristig scheint das möglich. Doch strukturell liegt offenbar einiges im Argen. „Das Problem ist, dass der Staat und die Länder in diesem Bereich viel zu wenig investieren“, sagt Karuna-Geschäftsführer Richert. „Die Jugendämter sind finanziell und personell zu schlecht ausgestattet, um den Jugendlichen helfen zu können.“
Welche gravierenden Folgen das haben kann, sieht man am Beispiel von Lukas*. Der heute 18-Jährige lebt seit fünf Jahren in Berlin, eigentlich kommt er aus der Nähe von Leipzig. Doch dort war er schon lange nicht mehr. „Als ich sechs Jahre alt war, haben mich meine Eltern ins Heim gegeben“, erzählt er. „Ich kam zu einer Pflegefamilie, der Vater hat mich regelmäßig geschlagen, wenn ich zum Beispiel in der Schule besser war als seine leiblichen Kinder. Mit zehn Jahren bin ich dann auf die Straße, dort lebe ich seitdem.“ *(Name auf Wunsch geändert).
Lukas: Kann keinem mehr trauen
Die Erfahrungen im Heim hätten ihn derart geprägt, „dass ich keinem mehr trauen kann“. Er schlägt sich auf der Straße durch, statt Hilfe anzunehmen. Christian kann das verstehen. Auch er hatte Zweifel, bevor er zu Karuna kam: „Man hört das immer wieder, dass in Heimen oder anderen Einrichtungen schlimme Dinge mit den Kindern passieren, Misshandlungen.“ Im Rückblick auf seine eigene Zeit im Heim kritisiert er: „Dort bekommt man zwar Essen, eine Schlafmöglichkeit und Schulunterricht. Aber wirklich kümmern tut sich da keiner um dich. Wie soll das auch gehen, wenn ein Betreuer für acht oder neun Kinder zuständig ist?"
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