2013/09/12

Fürsorge-Drama vor Gericht:  Jugendamt brachte Neugeborenes sofort ins Heim


Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nahm einer 43-jährigen Mutter ihren Säugling nach der Geburt weg. Die Frau wehrt sich verzweifelt.

Heidi und Lukas Seitinger (Namen geändert): Der 8-Jährige tat über den Kinderbeistand kund, dass er „bei der Mama bleiben will“. Foto: Wenger
Maximilian Seitinger (Name geändert): Er wurde seiner Mutter sofort nach der Geburt abgenommen und war vier Monate im Heim. Jetzt ist er bei Pflegeeltern. Foto: Privat
Vor
 
 
Heidi Seitinger, eine 43-jährige, vierfache Mutter aus dem Flachgau, wird seit 20 Jahren vom Jugendamt kontrolliert (alle Namen wurden vollständig geändert). Die Fürsorge hat ihr wiederholt die Kinder weggenommen – wegen einzelner Vorkommnisse und wegen einer Tendenz zur „Verwahrlosung“. Gleichwohl hat die  Mutter einen soweit liebevollen und unterstützenden Umgang, dass die Söhne sich gut entwickelt haben: Der 21-Jährige studiert, der 17-Jährige lernt Tischler. Doch im Februar, als die ­ 43-Jährige noch einmal Mutter wird, eskaliert alles.
Zwei Tage nach der Geburt „konfisziert“ die Behörde das Neugeborene und bringt es in das Säuglingsheim des Landes – ohne Mutter, da „kein Platz frei“ war. Diese empfindet es nur noch als Willkür, dass man ihr, quasi im Generalverfahren, auch die Obsorge für den 8-jährigen und sogar den 17-jährigen Sohn entziehen wollte. Der Fall geht nun an das Landesgericht.

Kindertherapeut kritisiert Jugendamt: Kindesabnahme auf „bloßen Verdacht hin“

Die Kinder einer 43-jährigen Flachgauerin gehen seit Jahren durch ein Wechselbad behördlicher Zwangsmaßnahmen. Ihren jüngst geborenen Sohn verlor die Mutter letztlich wegen eines absurden Streits um das Stillen.

Am 21. Februar 2013, das jüngste Kind von Heidi Seitinger (Name geändert) war gerade zwei Tage auf der Welt, da erschienen zwei Sozialarbeiterinnen der Bezirkshauptmannschaft  Salzburg-Umgebung im Landeskrankenhaus. Statt Blumen brachten sie die amtliche Erlaubnis zur sofortigen Kindesabnahme wegen „Gefahr im Verzug“ mit – auch wenn diese Begründung im medizinischen Umfeld eines Spitals seltsam anmutet.


„Unkooperativ“: Mutter gibt ihr Kind nicht ab

 

Auf ein Gespräch mit dem Anwalt der Mutter, den diese in ihrer Not sofort anrief, ließen sie sich nicht ein. Stattdessen hinterlegten die Amtsvertreterinnen den Bescheid und gingen. Den Säugling – nennen wir ihn Maximilian – sollten sie ein paar  Tage später holen und sofort ins Mutter-Kind-Heim des Landes verfrachten. Da stand die Mutter vor dem Pflegschaftsgericht in Neumarkt, um sich gegen den Generalangriff zu wehren, den die Behörde gerade inszenierte. Das Jugendamt beantragte in einem Aufwaschen nämlich auch die Obsorge für den achtjährigen und sogar den 17-jährigen Sohn der Frau (siehe unten).

Die Fürsorge beschreibt „die Kindesmutter“ als „höchst unkooperativ“. So habe sie weder einen Maxi Cosi noch Babykleidung zur Verfügung gestellt und sich auch geweigert, ihr Neugeborenes gemeinsam mit der Sozialarbeiterin im Heim in Taxham abzugeben. Frau Seitinger wolle „nichts mehr mit dem Jugendamt zu tun haben“, zitiert die Gerichtssachverständige    (Gutachten, 6. Mai 2013). Zwei Telefonate mit der Heimleitung ergaben, dass kein Platz für beide frei sei.



Heim schränkt Besuche ein – Pflegeeltern 

 

Das Entreißen ihres Kindes stürzte die Mutter in eine „authentische Trauer“, steht im Akt. Anfänglich durfte Heidi Seitinger ihren Sohn  täglich besuchen. Am Ende schränkte man die Besuchskontakte auf zwei Stunden im Monat ein – da es „nicht mehr um die Rückführung“ des Kindes ging, sondern darum, „den minderjährigen Maximilian in eine Pflegefamilie zu integrieren“, erklärte die Gerichtssachverständige freimütig vor dem Pflegschaftsgericht (BG Neumarkt, 17.6.2013).

Die Mutter neige zu einem „verwahrlosenden Erziehungsstil“, befand das Erstgericht. Sie habe ein „komplexes Störungsbild“ rund um das Horten und Sammeln von Dingen entwickelt – konkret angeräumte Zimmer und „abenteuerliche Regalkonstruktionen“. Wirklich verloren hat die 43-Jährige ihren Sohn aber wegen der „erschütternden“ Beobachtungen der Gutachterin rund um das Stillen, die diese so formulierte, dass es  auch „für das Gericht kaum glaublich und erträglich ist“, so der geschockte Richter.



Mutter soll nicht stillen, sondern Flasche geben

 

Nun, was war passiert? Die Mutter, die alle drei Söhne mit Stillen ernährte, wollte dies auch bei ihrem letzten tun. Sie nähere sich „liebevoll und zärtlich“, der Säugling reagiere positiv auf die Mutter, schreibt die Psychologin Michaela Lindner. Aber der Säugling – der vier Monate im Heim verbrachte! – war längst an die Flaschennahrung gewöhnt. Er begann beim Anlegen an die Brust Stresssignale auszusenden, was das Pflegepersonal störte.
Die Mutter erhielt „Empfehlungen“: Milch abpumpen, mit dem Säugling reden, die Schuhe ausziehen, wenn sie den Raum betritt, Anläuten. Das Heim schrieb negative Berichte. Am Ende  wird der Mutter offen vorgehalten, dass sie „Maximilian nach wie vor anlegt, obwohl er dort nicht genug zu essen bekommt“ und „Hunger leidet“. Die Psychologin schreibt den vernichtenden Satz, wonach die Mutter die  Grundbedürfnisse ihres Kindes nicht erkenne – und dieser, so wird suggeriert, verhungern könne.
Der langjährige Salzburger Kindertherapeut Rüdiger Opelt kritisiert den Vorgang scharf. Man habe dieses Kind auf „bloßen Verdacht hin“ entzogen. Die Behörde selbst habe eine absurde Entfremdungssituation zwischen der Mutter und dem Kind hergestellt – die man ihr nun „unzulässigerweise vorwirft“. Niemand habe bei der Mutter bis dato „eine schwere psychiatrische Störung“ festgestellt. Warum das Jugendamt keine konkrete Betreuung zu Hause zustande gebracht hat, wurde vor Gericht nicht geklärt. Die Kontakte zur Caritas und einem Hilfsverein versandeten – ob in der Sozialbürokratie oder bei der „unkooperativen“ Mutter.  



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Sonja Wenger
Kommentare (2)
2.
Jugendämter - von angelofhope (1) -
Ja leider es ist so. Zum Wohle des Kindes wird von dieser Institution total missverstanden.
Auch ich musste das schon selbst erleben, obwohl das Kind sich mit 15 Jahren stark machte und sagte das er nur bei mir bleibt. Sie zerstören willkürlich Familien wie es Ihnen passt. Anstatt zuzuhören verurteilen sie und das schlimmste das genau die Personen die da drinnen sitzen selbst Kinder haben die mit dem Gesetz in Konflikt kommen und das wird sowas von unter dem Tisch gekehrt das ist einfach nur schlimm und ungerecht. 
 
 
1.
Jugendwohlfahrt - von ZumWohleUnsererKInder (1) -
Nicht einmal die Spitze des Eisbergs wurde mit diesem Artikel berührt.
Zum Wohle Unserer Kinder ist im Begriff sich als Verein zu erstellen.
Näheres ist im Bezirksblatt Lungau zu finden.

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