Dortmund. Der Vormund eines Pflegekindes erhebt schwere Vorwürfe gegen das Dortmunder Jugendamt. Die Juristin Silvia De Santis kritisiert, dass die sechsjährige Sandra von ihrer Pflegefamilie vor die Tür gesetzt wurde, ohne dass man ihr als Vormund vorher Bescheid gesagt habe. De Santis vermutet, dass Sandra einem anderen Kind weichen musste.
Die Familie erklärte Silvia De Santis gegenüber, die gerade als Vormund von Sandra eingesetzt worden war, das Kind sei umgehend aus dem Haushalt zu nehmen oder es werde am folgenden Tag mit all seinen Sachen dem Jugendamt Dortmund übergeben.
"Sandra teilte mir mit, dass sie am nächsten Tag umziehen werde. Die Tasche sei schon gepackt. Wohin sie ziehen werde, wisse sie noch nicht. Die Pflegemutter habe ihr gesagt, dass sie sie nicht mehr wiedersehen werde", empört sich De Santis. "Um weiteren Schaden für das Kind zu vermeiden, war ich gezwungen, Sandra mitzunehmen", sagt die Juristin.
Amt: "Das Kindeswohl ist bei uns ein ganz hohes Gut"
Das Amt äußert sich unserer Redaktion gegenüber nicht über den Fall, verweist auf den Datenschutz, widerspricht De Santis aber.Jutta Krampe, Team- und Fachbereichsleiterin im Pflegedienst, sagt: "Das Kindeswohl ist bei uns ein ganz hohes Gut. Der Vormund muss vor jeder Änderung beteiligt werden."
Silvia De Santis brachte die Sechsjährige dann zu deren Tante, zu der das Mädchen aber jahrelang keinen Kontakt hatte. "Mit der Tante hat es seitens des Jugendamtes bis heute kein Gespräch gegeben", ärgert sich Sandras Vormund. Nach dem Willen des ehemaligen Vormunds von Sandra, der Pflegefamilie und des Jugendamtes sollte das Kind bis zur Volljährigkeit keine Besuchskontakte mit seiner Herkunftsfamilie haben. Jetzt versichere ihr die Kleine, sie würde auch "hören", käme sie wieder zurück in ihre alte Pflegefamilie, so De Santis.
Musste Sandra einem Bereitschaftskind weichen?
Die Juristin ist Vormund von fast 40 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in Pflegefamilien sowie Einrichtungen. Sie glaubt, die wahren Gründe für den Rausschmiss von Sandra zu kennen. Seit Jahren steigen die Fallzahlen bei Inobhutnahmen von Minderjährigen aufgrund von Kindeswohl-Gefährdungen. Im vergangenen Jahr mussten 572 Minderjährige - zumindest vorübergehend - in Obhut genommen werden.
De Santis ist sich sicher, Sandra musste Platz machen in ihrer Dauerpflegefamilie für ein sogenanntes Bereitschaftskind, also eines, das kurzfristig untergebracht werden musste. Sie vermutet, Bereitschaftspflegekinder würden in Dauerpflegefamilien untergebracht, um so Kosten für eine etwaige Heimunterbringung zu sparen.
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