Die Sorgerechtsreform 2013 ist in Kraft! Ledige Väter bekommen nun per Gesetz leichteren Zugang zum Sorgerecht. Haben Sie im Blick, welche Auswirkungen die neu gefassten Normen rund um die elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern haben – vor allem auch im Vergleich zur bis vor kurzem gültigen Übergangslösung des Bundesverfassungsgerichts?



1. Gemeinsames Sorgerecht ohne Zustimmung der Mutter

 

Nach der Neuregelung des § 1626a BGB durch die Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.04.2013 (BGBl I, 795; in Kraft seit dem 19.05.2013) ist auch ohne die Zustimmung der Mutter die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch das Familiengericht möglich.


2. Negative Kindeswohlprüfung

 

Das Familiengericht überträgt auf Antrag des Vaters die elterliche Sorge oder einen Teil derselben beiden Eltern gemeinsam, wenn und soweit es dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

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Schriftsatzmuster “Gemeinsame Sorge beantragen”

Musterantrag-Gemeinsame-Sorge

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Musterantrag auf Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1626a Abs. 2 BGB i.V.m. § 155a FamFG.

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3. Zum Vergleich: Übergangsregelung BVerfG

Während nach der Übergangsregelung des Bundesverfassungsgerichts die Gerichte die gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateten Eltern zusprachen, sofern dies dem Wohl des Kindes am besten diente, ist nach der Neuregelung des § 1626a Abs. 2 BGB i.d.F. vom 16.04.2013 keine positive Feststellung mehr erforderlich; wie bereits erwähnt wird nun nur noch geprüft, ob die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. 


4. Neues Leitbild bei elterlicher Sorge

 

Das neue Sorgerecht geht zusammen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon aus, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht (amtl. Begründung, BT-Drucks. 17/11048 unter Hinweis auf BVerfGE 107, 150, 155). Damit findet sich ein neues Leitbild bei der elterlichen Sorge nun auch im Gesetz wieder.


5. Rückgriff auf Rechtsprechung zu § 1671 BGB

 

Bei der Prüfung, ob die Errichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, kann auf die Rechtsprechung zu § 1671 BGB zurückgegriffen werden. Zwar ist gem. § 1671 BGB die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten dient (positive Kindeswohlprüfung). In beiden Fallkonstellationen ist aber besonders darauf abzustellen, welche Auswirkung die Entscheidung für das betroffene Kind hat.

6. § 155a FamFG regelt das Verfahren zur Begründung der gemeinsame Sorge

 

Das Verfahren rund um die elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern ist in § 155a FamFG geregelt. Die Entscheidung soll beschleunigt ergehen. § 155a Abs. 3 FamFG sieht deshalb ein schriftliches Verfahren vor. Stellt der Vater einen Antrag auf Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge, so stellt das Familiengericht den Antrag der Mutter zur Stellungnahme zu; die Stellungnahmefrist endet gem. § 155a Abs. 2 Satz 2 FamFG frühestens sechs Wochen nach der Geburt des Kindes.


7. Im Regelfall: Keine persönliche Anhörung

 

Trotz der Ablehnung der Regelung durch die Fachwelt (vgl. Kauter, FamRZ 2012, 825, 826; Huber/Antomo, FamRZ 2012, 1257, 1263 ff.) ist abweichend von dem sonstigen Verfahren in Kindschaftssachen eine gerichtliche Entscheidung ohne persönliche Anhörung der Eltern und ohne Anhörung des Jugendamtes vorgesehen.


8. Soll-Vorschrift zur persönlichen Anhörung

 

Nur wenn dem Gericht durch den Vortrag des Kindesvaters, die schriftliche Stellungnahme der Mutter oder auf sonstige Weise Gründe bekannt werden, die dem Kindeswohl entgegenstehen, setzt das Gericht binnen eines Monats einen Erörterungstermin an. Es handelt sich allerdings um eine Soll-Regelung, so dass abzuwarten bleibt, wie diese von der Rechtsprechung umgesetzt werden wird.


9. Beschleunigungsgrundsatz

 

Sofern das Gericht einen Erörterungstermin ansetzt, wird außer den Eltern auch das Jugendamt angehört. Es gilt gem. § 155 FamFG dann der Beschleunigungsgrundsatz; eine Terminsverlegung ist auf den Antrag eines Beteiligten oder seines Bevollmächtigten nur aus zwingenden Gründen zulässig, die glaubhaft zu machen sind.
Sabine Happ-Göhring, Richterin am OLG Hamburg
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