Von MARION KLEMP
Endlich wieder vereint: Josephine P. und ihr Sohn
Foto: zVg
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Josephine P. (23) und ihr Sohn liegen sich glückselig in den Armen. Drei Jahre lang kämpfte die Mutter um ihr Kind, das ihr weggenommen worden war. Jetzt hat sie den Jungen zurück.
Bis vors Oberlandesgericht war sie gegangen. Doch obwohl dort noch nicht abschließend verhandelt worden ist, bekam sie ihren Jungen jetzt blitzartig zurück. Ein Fall, der Jugendamt und Jugendhilfe ins Zwielicht rückt. „Das Jugendamt hat ihr das Kind sinnbildlich auf den Tisch gesetzt“, sagt Annett Hein (42), Anwältin von Josephine P. „Die Pflegemutter wollte es nicht mehr.“ Geht denn das so ad hoc? Die Antwort des zuständigen Jugendhilfe-Trägers „Nachbarschaft hilft Wohngemeinschaft“ (NHW): „Wir unterstehen der Schweigepflicht. Das war’s.“
Rechtsanwältin Annett Hein
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Rückblende: Im Mai 2009 holt die Feuerwehr den anderthalbjährigen Adrian (Name geändert) aus der Wohnung. Er hatte geschrien und die Mutter war nicht da. Das Jugendamt Potsdam-Mittelmark gab das Kind zur NHW-Kinderschutzstelle, ein Gutachter erwog die „dauerhafte Unterbringung bei Pflegeeltern“.
Dass Josephine P. im Sex-Geschäft tätig ist, als Violetta Angel vor der Kamera posiert, spielte dabei eine wesentliche Rolle (KURIER berichtete).„Der Sex-Job ist aber kein Indiz für eine Ungeeignetheit als Mutter“, sagt Anwältin Hein. Den Behörden wirft sie vor: „Es wurden keinerlei Perspektiven aufgezeigt, mit welchen Maßnahmen der Familienhilfe das Kind zurück zur Mutter darf.“ „Genau das Gegenteil war der Fall“, sagt Josephine P. „Wir wurden entfremdet.“
Nur viermal im Monat durfte sie Adrian sehen. „Für drei Stunden und nur unter Aufsicht. Ich wusste nicht, wo er wohnt, in welche Kita er geht. Als Oma und Opa ein Besuchstag eingeräumt wurde, bekam ich einen abgezogen. Und in den Berichten kam ich nie gut weg.“ Vor drei Monaten erwirkte Anwältin Hein beim Amtsgericht ein neues Gutachten. Das endet mit dem Fazit einer „perspektivischen Rückführung“. Das passte der Pflegemutter offenbar nicht, sie warf das Handtuch. Und was steckt noch dahinter? Anwältin Hein: „Der Knackpunkt liegt darin, dass die Jugendhilfe vom Jugendamt abgekoppelt und an freie Träger gegeben wurde. Da geht’s auch um viel Geld.“
Selbst das NHW schreibt in seinem Rundbrief 2010: Bei „Kapitalisierung“ der Sozialwirtschaft müsse man nicht überrascht sein, „wenn hier und da ein gemeinnützigkeitsgefährdendes Bereicherungsinteresse ein wenig in den Vordergrund tritt“. Wie viel Geld im Fall Adrian an das NHW floss, verrät auch das Jugendamt nicht. Anwältin Hein weiß aber aus einem anderen Fall: „Da kostete die Inobhutnahme zweier Kinder für sechs Monate 60.000 Euro.“
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