2012/04/19

Leipziger Jugendamtschef Haller verliert Doktortitel - OBM will Konsequenzen prüfen

Der Rektor der Uni Halle, Udo Sträter, und Dekan Burkhard Schnepel (von links) verkünden auf einer Pressekonferenz  die Aberkennung des Doktortitels von Siegfried Haller. Rechts im Bild:  Uni-Pressesprecher Carsten Heckmann.   Foto: Robert Nößler  
Der Rektor der Uni Halle, Udo Sträter, und Dekan Burkhard Schnepel (von links) verkünden auf einer Pressekonferenz die Aberkennung des Doktortitels von Siegfried Haller. Rechts im Bild: Uni-Pressesprecher Carsten Heckmann.
 
Halle/Leipzig.
Siegfried Haller muss seinen Doktortitel zurückgeben. Wie die Universität Halle am Mittwoch bekannt gab, wurden die Plagiatsvorwürfe gegen den Leipziger Jugendamtsleiter bestätigt. Haller habe in seiner Dissertation „grob gegen die Regeln und Standards wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen“, sagte der Dekan der philosophischen Fakultät I, Burkhard Schnepel. Die 2003 erlangte Doktorwürde werde ihm deshalb entzogen.

Die Universität wirft Haller vor, durch die unsaubere Angabe von Quellen die Gutachter und den Promotionsausschuss getäuscht zu haben. Uni-Rektor Udo Sträter sprach gegenüber LVZ-Online von „schwerstwiegenden Verstößen“ gegen die Wissenschaftlichkeit. Ganze Teilkapitel der Arbeit seien „wortwörtlich aus Werken fremder Autoren übernommen worden“, erklärte Schnepel.

Sozialbürgermeister will Zusammenarbeit mit Haller fortsetzen

Die Entscheidung, Haller den Titel abzuerkennen, war am Nachmittag einstimmig in der Sitzung des Fakultätsrats gefallen. Hallers Rechtsanwalt wurde das Urteil direkt im Anschluss per Fax zugestellt. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte in einer ersten Reaktion am Rande der Stadtratssitzung am Mittwoch gegenüber LVZ-Online: „Ich werde prüfen lassen müssen, ob durch die Aberkennung des Titels dienstrechtliche Angelegenheiten berührt sind.“

Haller sei zweifellos ein guter Jugendamtsleiter, erklärte Jung. Er gehe deshalb erst einmal davon aus, dass das Amt, das Haller bekleide, nicht berührt sei. Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) sprach von einer „sehr guten Zusammenarbeit“ mit Haller in seiner Position als Jugendamtschef. Er gehe davon aus, dass diese fortgesetzt werde.


Haller hatte Plagiate stets bestritten


Plagiate in seiner knapp 400 Seiten umfassenden Dissertation über das Sanierungsgebiet Hemshof in Ludwigshafen am Rhein hatte Haller stets bestritten. „Den Vorwurf getäuscht zu haben, weise ich zurück. Es gibt in meiner Arbeit keine nicht belegte Stelle“, sagte der Jugendamtsleiter noch in dieser Woche in einem Interview mit LVZ-Online .

Tatsächlich habe er in seiner Arbeit alle verwendeten Quellen angegebenen, teilte die Uni am Mittwoch mit. Die Quellenverweise in den Fußnoten seien jedoch sehr vage formuliert. „Es wird der Anschein erweckt, als handle es sich um Inhaltswiedergaben in eigenen Worten“, erläuterte Schnepel. Dies sei als „Irreführung“ zu werten und nicht als handwerkliche Schwächen der Arbeit, wie Haller stets argumentiert hatte.

Nach Antritt seiner Stelle als Leiter des Leipziger Jugendamts im Jahr 2000 hatte Haller 2003 nebenbei, „quasi als Hobby“, wie er es selbst umschrieb, im Fach Soziologie promoviert. Genau acht Jahre und vier Monate später wurde ihm nun der Titel entzogen. Am 18. Dezember 2003 hatte der Jugendamtsleiter seine Arbeit vor dem Promotionsausschuss verteidigt.


Universität will aus Plagiatsaffäre Konsequenzen ziehen

  Foto: Katzer/ Kempner  
Der Leipziger Jugendamtsleiter Siegfried Haller mit seiner Doktorarbeit.
Die Online-Seite VroniPlag brachte die Plagiatsaffäre im Juli 2011 mit einer Analyse von Hallers Arbeit ins Rollen. Bereits zuvor war ein anonymer Hinweis an der halleschen Uni eingegangen. Gutachter der MLU stellten daraufhin in einem Plagiatsverfahren Verstöße gegen wissenschaftliche Standards in Hallers Arbeit fest. Der Promotionsausschuss sprach sich bereits am 19. März 2012 für die Aberkennung des Doktortitels aus. Dieser Empfehlung folgte der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät I nun in seinem Beschluss.

Alle Beteiligten hätten sich „die Entscheidung nicht leicht gemacht“, versicherte Dekan Schnepel. „Das ist kein schöner Tag, weder für die Fakultät noch für die gesamte Universität.“ Er betonte, dass das gesamte Plagiatsverfahren unvoreingenommen, transparent und so fair wie möglich durchgeführt worden sei.  Die Universität will aus der Plagiatsaffäre nun Konsequenzen ziehen. „Wir müssen ein gesundes Misstrauen entwickeln, um so etwas künftig zu verhindern“, sagte Rektor Sträter. Es solle jedoch nicht darum gehen, alle Doktoranden unter Generalverdacht zu stellen.

Haller war am Abend für eine zuvor angekündigte Stellungnahme nicht zu erreichen. Der 57-Jährige leitet derzeit in Berlin eine Tagung von Jugendamtsleitern aus ganz Deutschland. Im Vorfeld der Plagiatsentscheidung hatte er bereits betont, sein Amt weiter ausüben und gegen eine drohende Aberkennung des Doktortitels Widerspruch einlegen und notfalls klagen zu wollen.

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