Im Interview mit dem ORF (Zeit im Bild 2) äußert sich Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck zur Frage der Angemessenheit der Zahlungen der Stadt Wien an die Opfer und der Frage der Verjährung.
Die Stadt Wien argumentiert, dass die geleisteten Zahlungen (via Weisser Ring) sich an der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes orientieren und angemessen seien. Dr. Öhlböck bestreitet dies und skizziert eine Möglichkeit, die es Gerichten ermöglichen würde, die Angaben der Stadt Wien zu überprüfen.
Beschäftigt man sich mit dem Heimskandal, wird der Eindruck erweckt, dass Verjährungsfristen eine Hürde darstellen, die man nicht überwinden kann. Richtigerweise ist das nicht so. Die Stadt Wien könnte auf den Einwand der Verjährung verzichten und den Gerichten ermöglichen, Schadenersatzansprüche zu prüfen.
Aus Sicht der Stadt Wien ist der Einwand der Verjährung ein einfaches Instrument, um die Sache vom Tisch zu wischen, ohne sich vor damit vor Gericht inhaltlich auseinandersetzen zu müssen. Im Gegenzug erhalten die Heimopfer Schadenersatzbeträge von einer Kommission, die die Stadt Wien eingerichtet hat. Diese Beträge unterliegen allerdings keiner Überprüfung.
Eine gerichtliche Überprüfung ist für viele riskant, da die Stadt Wien bereits brieflich mitgeteilt hat, dass sie sich auf Verjährung beruft. Damit verschiebt sie das Risiko der Prozesskosten auf die ohnehin schon leidgeprüften und meist vermögenslosen Opfer, die für ein Verfahren vielfach nicht einmal Verfahrenshilfe erhalten.
Verjährung ist vom Gericht nur zu prüfen, wenn sie von einer Partei eingewendet wird. Faktisch greifen Verjährungsfristen damit nur dann, wenn und solange sich die Stadt Wien darauf beruft.
Die Stadt Wien müsste also lediglich auf die Einrede der Verjährung verzichten. Damit wäre eine schrankenlose Aufklärung der Missbrauchsfälle möglich. Jedes Opfer könnte dann vom Gericht überprüfen lassen, ob die Angaben der Stadt Wien zur Angemessenheit der Zahlungen korrekt sind. Die Heimopfer wären nicht Bittsteller und nicht auf „Gnadenrecht“ angewiesen. Der Stadt Wien würde dieses Vorgehen gut anstehen.
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