Printausgabe der Tiroler Tageszeitung vom So, 10.11.2013
Von Brigitte Warenski
Innsbruck – Der heute 58-Jährige hat eine schreckliche Kindheit hinter sich. Als sechs Wochen alter Säugling wurde der gebürtige Oberösterreicher von seiner Mutter vor eine Kirchentür gelegt, landete dann bei fünf verschiedenen Pflegeeltern, bis ihn die Fürsorge 1965 in die Bubenburg steckte. Im „Tor zur Hölle“ – wie P. G. das Internat nennt – wurde er nach eigenen Angaben jahrelang sexuell missbraucht und misshandelt.
Als sich der Bub bei einem seiner beiden Suizidversuche das Fersenbein zerschmetterte, „verwehrte man mir einen Arzt und sperrte mich unbehandelt im Keller des Internats ein“, so P. G. Sieben Jahre lang musste es P. G. in der Bubenburg aushalten, bis man ihn 1971, „ohne mich zu fragen, einfach in die Lehre bei einem Fliesenleger schickte. Das hat mir gesundheitlich den Rest gegeben, weil ich schon immer mit meinem Kreuz Probleme hatte“, erzählt der Ex-Zögling. Berufsfähig ist der 58-Jährige heute aus physischen wie psychischen Gründen nicht mehr. Nicht nur die Psyche ist massiv angeschlagen, „ich habe auch eine Morphiumpumpe implantiert, weil ich nach neunmaliger Bandscheibenoperation starke chronische Schmerzen habe“, so P. G. Nach jahrelangen Überlegungen hat sich das Heimopfer, das von der Klasnic-Kommission nach langem Hin und Her mit nur 15.000 Euro entschädigt wurde, nun entschieden, Klage einzubringen. „Ich werde das Seraphische Liebeswerk der Kapuziner (heute slw), die die Bubenburg betreiben, auf Schmerzensgeld und Verdienstentgang klagen“, kündigt P. G. an. Da das ehemalige Heimkind sich einen möglichen Schadenersatzprozess niemals leisten könnte, wurde Verfahrenshilfe beantragt. „Diese habe ich schon bewilligt bekommen.“ Wie hoch die Schadenersatzforderung sein wird, ist noch nicht entschieden. „Darüber will ich erst mit meinem Anwalt sprechen“, sagt P. G.
Derzeit läuft am Landesgericht in Innsbruck wie berichtet bereits ein großer Heimkindprozess. Eine gebürtige Salzburgerin klagt das Land Tirol auf 900.000 Euro Schadenersatz. Die Frau war von ihrem 16. bis zu ihrem 18. Lebensjahr in der Erziehungsanstalt St. Martin, einer Einrichtung des Landes, untergebracht und wurde in dieser Zeit mehrfach missbraucht. Die heute 70-Jährige wurde von der Opferschutzkommission des Landes ebenfalls nur mit 15.000 Euro entschädigt.
Dissertation über die Bubenburg-Geschichte
Das Tiroler Aufbauwerk der Jugend hat seine Geschichte vorbildlich aufgearbeitet. Wie berichtet hat Sabine Pitscheider vom Institut für Zeitgeschichte eine 51-seitige Studie von der Gründung in den 50er-Jahren bis Ende der 80er-Jahre vorgelegt, in der auch die NS-Vergangenheit der Hauptprotagonisten durchleuchtet wurde.
Zu einer gleichwertigen Studie konnte sich das slw (Soziale Dienste der Kapuziner, früher Liebeswerk) nicht durchringen. Statt einer Studie gibt es aber eine Dissertation, die von Wolfgang Weber vom Institut für Zeitgeschichte betreut wird. „Die Dissertation wird von Florian Faisstnauer verfasst, der bereits eine Diplomarbeit über die Bubenburg geschrieben hat“, erzählt Weber. Obwohl die Kapuziner zugesagt haben, ihre Archive in Wien, Innsbruck und Brixen zu öffnen, glaubt Weber nicht, dass die Arbeit die gleiche Qualität wie die Aufbauwerk-Studie haben wird. „Wir haben leider nicht die gleiche Quellenlage, die Quellen sind hier eher schmal“, so Weber. Für slw-Geschäftsführer Franz Tichy ist die Form der Aufarbeitung ideal. „Wir kooperieren seit vielen Jahren mit Weber und seinen Studenten. Weber ist im gesamten Themenkomplex Heimgeschichte hervorragend eingearbeitet und in der einschlägigen Fachwelt bestens vernetzt.“
Dissertation über die Bubenburg-Geschichte
Das Tiroler Aufbauwerk der Jugend hat seine Geschichte vorbildlich aufgearbeitet. Wie berichtet hat Sabine Pitscheider vom Institut für Zeitgeschichte eine 51-seitige Studie von der Gründung in den 50er-Jahren bis Ende der 80er-Jahre vorgelegt, in der auch die NS-Vergangenheit der Hauptprotagonisten durchleuchtet wurde.
Zu einer gleichwertigen Studie konnte sich das slw (Soziale Dienste der Kapuziner, früher Liebeswerk) nicht durchringen. Statt einer Studie gibt es aber eine Dissertation, die von Wolfgang Weber vom Institut für Zeitgeschichte betreut wird. „Die Dissertation wird von Florian Faisstnauer verfasst, der bereits eine Diplomarbeit über die Bubenburg geschrieben hat“, erzählt Weber. Obwohl die Kapuziner zugesagt haben, ihre Archive in Wien, Innsbruck und Brixen zu öffnen, glaubt Weber nicht, dass die Arbeit die gleiche Qualität wie die Aufbauwerk-Studie haben wird. „Wir haben leider nicht die gleiche Quellenlage, die Quellen sind hier eher schmal“, so Weber. Für slw-Geschäftsführer Franz Tichy ist die Form der Aufarbeitung ideal. „Wir kooperieren seit vielen Jahren mit Weber und seinen Studenten. Weber ist im gesamten Themenkomplex Heimgeschichte hervorragend eingearbeitet und in der einschlägigen Fachwelt bestens vernetzt.“
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