2015/08/03

Jugendamt-Skandal in Gelsenkirchen: Wirtschaftsprüfer ermitteln weiteren Verdachtsfall

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  • Aufarbeitung des Gelsenkirchener Heimskandals geht weiter
  • Unabhängiger Bericht sieht Vorwürfe gegen Ex-Amtsleiter erhärtet
  • OB Baranowski: "Wir sind offenbar gezielt hintergangen worden"

Gelsenkirchener Jugendamt
Bild 1 vergrößern Seit Wochen in den Schlagzeigen: Das Jugendamt von Gelsenkirchen
Die Aufklärung der Gelsenkirchener Heimaffäre um Machenschaften bei der Unterbringung von Jugendlichen in Ungarn ist einen Schritt vorangekommen. Wirtschaftsprüfer haben Vorwürfe bestätigt, die in einem Bericht des ARD-Fernsehmagazins "Monitor" vom 30. April 2015 gegen die Leitung des Jugendamtes erhoben wurden. Und es sind am Freitag (31.07.2015) weitere Verdachtsmomente in einem ähnlichen Fall aufgetaucht.

Vorwürfe gegen Ex-Jugendamtchefs


Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD, M) leitet im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen eine Sondersitzung.
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Ein ehemaliger Leiter des Jugendamtes und sein Stellvertreter hatten im Jahr 2004 eine Firma zur Betreuung von Kindern in Ungarn gegründet. Ihnen wird vorgeworfen, Kinder gezielt in das Heim St. Josef in Gelsenkirchen geschickt zu haben. Von dort wurden einzelne Kinder nach Ungarn gebracht. Davon sollen die beiden Männer finanziell profitiert haben. Die Stadt hat sich inzwischen von den beiden Mitarbeitern getrennt. Der Leiter hatte die Vorwürfe in der Vergangenheit zurückgewiesen.

Verdacht: Geplante Überbelegung?


Frank Baranowski: Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen
Bild 3 vergrößern Gelsenkirchens Rathauschef Frank Baranowski
Die Prüfgesellschaft Deloitte stellte auch fest, dass es eine Zusammenarbeit mit der Leiterin von St. Josef gegeben habe, über die zwischen 2005 und 2008 insgesamt neun Jugendliche in die Maßnahme ins ungarische Pecs vermittelt wurden. Der Verdacht, das Heim sei gezielt überbelegt worden, um Kinder leichter nach Ungarn schicken zu können, ist nach Angaben der Prüfgesellschaft nicht ausgeräumt. Das wies die Leiterin ebenfalls bislang zurück. Der Träger St. Augustinus Heime GmbH sieht allerdings eine Verstrickung der Leiterin als gegeben an.
In einem weiteren Fall, einem Reiterhof nahe dem Kinderheim in Pecs, soll Gelsenkirchen jahrelang Geld für Aufenthalte bezahlt haben. Zu den Eigentümern der Anlage gehören laut Prüfgesellschaft ein ehemaliger stellvertretender Jugendamtsleiter aus Gelsenkirchen und der ehemalige Bürgermeister von Pecs. Bei den Geschäften um den Reiterhof sollen auch der zuletzt geschasste Amtsleiter und sein Sohn mitgemischt haben.

Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) erklärte am Freitag: "Nach der Lektüre stelle ich erneut fest: Wir sind offenbar gezielt hintergangen worden. Besonders schwer wiegt für mich der Vertrauensbruch der beiden betroffenen Führungskräfte." Die Staatsanwaltschaft Essen arbeitet parallel die strafrechtliche Seite auf. In Gelsenkirchen befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Rates mit dem Fall. Nordrhein-Westfalens Familienministerin Ute Schäfer (SPD) hatte angesichts der Affäre im Gelsenkirchener Jugendamt mehr Kontrollrechte für die Heimaufsicht gefordert. Dazu seien Gesetzesänderungen nötig.

Stand: 31.07.2015, 18.30 Uhr

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