05.06.2012 Pfarrkirchen
Demo in Berlin
Foto: Holger Becker
Sie zahlen Unterhalt, müssen aber um ihre Rechte kämpfen: die so genannten Zahlväter. Sie planen eine Protestaktion am 17. Juni in Berlin.
Seit der Trennung von seiner Lebensgefährtin hat Reinhard Häring aus Pfarrkirchen seine beiden Kinder nur selten gesehen – und das trotz Einsatz juristischer Mittel, wie er sagt. Nur den Unterhalt zu zahlen und seine Kinder nicht aufwachsen zu sehen, das tut dem Rottaler weh. 1,4 Millionen Trennungs- oder Zahlvätern, wie sie auch genannt werden, in Deutschland geht es genauso – jeden Tag kommen 400 hinzu. Sie fühlen sich vom Gesetzgeber diskriminiert und wollen deshalb am 17. Juni vor dem Reichstagsgebäude ihren Unmut zeigen. Eine große Rolle werden dabei Kinderschuhe spielen. Reinhard Häring steht mit an der Spitze der Protestbewegung.
Das stinkt Reinhard Häring und seinen Mitstreitern gewaltig: Nach einer Trennung oder Scheidung gilt in der Rechtsprechung immer die Frau als erste Bezugsperson für die Kinder, dabei stünde schon im Grundgesetz Artikel 3, dass Männer und Frauen gleich sind. „Die Betroffenen wehren sich dagegen, dass sie erst einen Antrag stellen müssen, um das Sorgerecht zu bekommen“, erklärt Häring. Derzeit muss sich jeder betroffener Vater in einer Einzelklage bis zum Bundesverfassungsgericht durchklagen um zu seinem Recht zu kommen.
Bis vor einiger Zeit waren die Trennungs- und Zahlväter Einzelkämpfer, wenn es um ihre Rechte ging – das hat sich inzwischen geändert: „Facebook ist unser Dreh- und Angelpunkt. Dort haben sich aufgebrachte Väter nach und nach zusammengetan“, sagt Reinhard Häring. Der Pfarrkirchner ist Administrator der Zahlväter-Seiten auf Facebook.
Und er steht mit an der Spitze einer bundesweiten Protest-Aktion, die bislang einmalig für Trennungs- und Zahlväter ist: Am Internationalen Vatertag (17. Juni) wollen die Männer um Häring und Andreas Riedel aus Thüringen, der die Aktion koordiniert, vor dem Reichstagsgebäude in Berlin Kartons mit Kinderschuhen und Protestnoten an den Bundestag übergeben. Derzeit ist man am Ausarbeiten der Details, Häring und Riedel stehen fast täglich in Kontakt. Die Behörden hätten für die Demo-Aktion mündlich schon „Grünes Licht“ gegeben.
Bis zum 15. Juni können die Kinderschuhe (an den Schnürsenkeln zusammengebunden) an eine Sammelstelle in Berlin geschickt werden, erlaubt ist auch ein DIN A-4-Blatt als Protestnote. Die Schuhe haben laut Häring doppelten Symbolcharakter: Im arabischen Raum zeigt das Volk der politischen Führung mit dem ausgezogenen Schuh seinen Unmut. Zum anderen würden Kinder ja auch mit zwei Schuhen durchs Leben gehen, warum also nicht auch mit Vater und Mutter?
„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Bundesrepublik Deutschland bereits zweimal verurteilt, dass die derzeitige Rechtssituation gegen die Menschenrechte, das deutsche Grundgesetz und die Kinderrechtskonvention der UN verstößt“, erklärt Häring. Inzwischen gibt es einen Referentenentwurf des Justizministeriums, der zwar Verbesserungen in die richtige Richtung vorsehe, aber den Trennungs- und Zahlvätern nicht weit genug geht.
„Das ist ein fauler Kompromiss, sodass zu erwarten ist, dass der Entwurf – sollte er Gesetz werden – über Jahre oder Jahrzehnte hinweg die Gerichte beschäftigen wird. Zudem fehlt eine europaweit gültige Lösung“, mahnt der Rottaler.
Für Reinhard Häring ist der wachsende Protest via Facebook oder durch die Demo-Aktion auch ein weiterer Schritt hin zur direkten Demokratie. „Wir wollen, dass Artikel 3 Grundgesetz auch per Gesetz gewährleistet wird. Entweder es gib ein Grundgesetz oder keines“, sagt Reinhard Häring.
Die Kinderschuhe kann man an folgende Adresse senden: Aktion Kinderschuhe Sorgerecht, Senefelder Straße 26, 10437 Berlin. Die Schuhe sollen nach der Protestaktion an eine gemeinnützige Institution gespendet werden. Weitere Infos zu Trennungs- und Zahlvätern auf Facebook oder unter www.v1v.de.
Autor: Holger Becker
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