07.07.2012 · Die Männer holen im Kampf der Geschlechter auf. Auch das neue Sorgerecht stärkt ihre Position. Das ist Gleichberechtigung, nur anders herum.
Ob die Justizministerin auch mal an Wilhelm Busch gedacht hat: „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“? Da wird also einer Vater und kann es doch nicht sein, weil die Mutter seines Kindes ihn nicht mehr mag, sich rächen möchte oder ihn nur als Erzeuger benutzte. Sich also auf keinen Fall mit ihm das Sorgerecht teilen will, was doch zwischen Vater und Mutter das Normalste auf der Welt wäre. Einfach nein sagt. Du nicht. Es gibt fiese Männer, es gibt aber auch fiese Frauen. Viele Schlammschlachten wurden da schon geschlagen. Auf dem Rücken der Kinder. Und der leibliche Vater kann sich auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, gegen diese Macht der Frau, gegen dieses Nein kommt er nicht an. So war es bisher in Deutschland. Und so wird es zum Glück nie mehr sein.
Künftig sollen ledige Väter auch gegen den Willen der Mütter das Mit-Sorgerecht bekommen, wenn dies nicht dem Kindeswohl schadet. Wenn der Vater nicht säuft, prügelt oder noch Schlimmeres tut. Einfach und unbürokratisch soll das Verfahren sein. Entweder der Vater geht zum Jugendamt oder gleich mit einem Antrag zum Familiengericht. Die Mutter hat sechs Wochen Zeit, sich zu äußern. Das Standardargument - Ich war ja nur ganz kurz mit ihm zusammen - zählt nicht; das Wohl des Kindes ist der Maßstab, nicht das der Mutter.
In dieser Woche hat das Bundeskabinett die Neuregelung des Sorgerechts auf den Weg gebracht, eine Mehrheit im Bundestag ist sicher. Der Gesetzentwurf stammt aus dem Justizministerium und folgt Vorgaben des Straßburger Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts. Die haben die bisherige Regelung verworfen.
Im Geschlechterkampf holen die Männer auf, auch wenn zwischen ihren Erfolgen Jahre liegen. Sie bekamen mehr Rechte nach einer Scheidung oder bei den „Kuckuckskindern“ und nun beim Sorgerecht. Der Gesetzentwurf fügt sich ein in das Muster, der Frau nicht mehr die familiäre Vormachtstellung zu geben. Das ist Gleichberechtigung, nur anders herum. Wenn Frauen beruflich gefördert werden, dürfen Männer auch bei der Erziehung mitreden. Das ist kein Hirngespinst, es entspricht einer sich wandelnden Wirklichkeit.
In dieser Wirklichkeit wird mittlerweile jedes dritte Kind unehelich geboren. Was nicht heißt, dass diese Kinder keine Eltern hätten, die sich zusammen um sie kümmerten. Keine Mütter und Väter, die ihren gemeinsamen Erziehungsauftrag ernst nähmen. Oftmals sind die Eltern nur nicht verheiratet. Selbst Katholiken leben ohne Trauschein miteinander und haben ein Kind. Das ist der Zug der Zeit, ob es einem gefällt oder nicht.
Aber auch nach einer Trennung braucht ein Kind Mutter und Vater. Das hat sich herumgesprochen. Beide Beziehungen sind wichtig. Vorausgesetzt sie sind vertrauensvoll, die Eltern gehen so miteinander um, wie es vernünftige Erwachsene tun. Als Partner, auch wenn sie keine mehr sind. So ist dem Kindeswohl am meisten gedient. Schwierig wird es, wenn die Frau einen neuen Partner, ihr Kind plötzlich zwei Väter hat. Wenn der rechtliche Vater nicht will, dass der biologische mitredet in der Erziehung, es permanent Streit gibt. Und die Mutter findet, zwei sorgende Väter, das sei definitiv einer zu viel. Selbst auf die Gefahr hin, dass der Sohn oder die Tochter ihr einmal später genau das vorhalten wird. Wie ist es dann um das Kindeswohl bestellt? Schadet der leibliche Vater seinem Kind nicht mehr als er ihm nützt?
Um diese Frage zu beantworten, müsste das Kindeswohl allgemeinverbindlich festzustellen sein. Doch wer soll das tun? Die Familienrichter, die Psychologen, die Sozialarbeiter? Selbst wenn die sich einig wären, für den Erfolg ihrer Entscheidung können sie nicht garantieren. Dieses Dilemma kann kein Gesetzgeber lösen. Nur eines ist unstrittig: dass das Wohlergehen eines Kindes nicht gefährdet sein darf, seine körperliche Unversehrtheit gewahrt sein muss.
Unverheiratete Paare kommen im Gesetzentwurf nicht vor
Das neue Sorgerecht stärkt die Rechte der Väter. Es appelliert aber auch an ihr Verantwortungsgefühl. Nach Jahren sich auf einmal an die Tochter oder den Sohn zu erinnern und vor Gericht zu ziehen - das kann es nicht sein. Alleinerziehende Mütter wiederum sollten froh darüber sein, dass sie nicht alles selbst machen und entscheiden müssen. Zumal Väter von heute im Gegensatz zu früher sich für vieles nicht zu schade sind, etwa auf den Spielplatz zu gehen und die Pampers im Rucksack mitzunehmen.
Eines steht nicht im neuen Gesetzentwurf, obwohl manche darauf gedrungen haben: Unverheiratete Paare, die zusammenleben, bekommen nicht automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Dieses Privileg bleibt Ehepartnern vorbehalten. Das immerhin sollte jene versöhnen, die von der wilden Ehe wenig halten.
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