2012/08/17

Alarmierende Studie Kinderschutz: Es droht ein neuer Fall Chantal

Von Renate Pinzke
Das letzte Foto von Chantal (✝11). Sie starb an einer Überdosis Methadon. Die Pflegeeltern waren drogenabhängig. Das Jugendamt wusste davon, unternahm aber nichts.
Das letzte Foto von Chantal (✝11). Sie starb an einer Überdosis Methadon. 
Die Pflegeeltern waren drogenabhängig. 
Das Jugendamt wusste davon, unternahm aber nichts.
Foto: RUEGA
 
 
Diese Untersuchung lässt alle Alarmglocken schrillen, Fälle wie Chantal oder Lara Mia rücken wieder ins Bewusstsein: Die Situation beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) in Hamburg ist dramatisch schlecht. Eine „ausreichend zuverlässige Kinderschutzarbeit“ sei in etlichen Abteilungen nicht mehr möglich, so das Fazit der Studie der Universität Koblenz.
Die Wissenschaftler führten insgesamt 63 Gespräche in allen 35 ASD-Abteilungen. Dabei zeigten sich gerade im Bezirk Nord unhaltbare Zustände. In zwei der sechs Abteilungen „werden nur noch Notfälle bearbeitet, Sprechstunden können nicht mehr wahrgenommen werden“, heißt es in dem Bericht.
Bei allen befragten Mitarbeitern war Überlastung ein großes Thema. Im Klartext bedeutet dies: Unabsehbare Risiken für den Kinderschutz.
Viele Mitarbeiter seien zudem überfordert: Eine hohe Arbeitsbelastung gepaart mit strukturellen Problemen, dramatischen Einzelfällen und einer öffentlichen Skandalisierung führe zu einer großen Unsicherheit.
Der von der Sozialbehörde in Auftrag gegebene 73 Seiten starke Bericht, wird von der Gewerkschaft ver.di begrüßt: „Wir begrüßen die Initiative, schonungslos den Zustand beim ASD untersuchen zu lassen, damit darf es jedoch nicht enden“, sagt Sprecherin Sieglinde Fries.
Lösungsschritte bietet die Studie: Darin wird unter anderem die Einführung einer Fallzahlobergrenze empfohlen. Sozialstaatsrat Jan Pörksen sagt, man habe die Studie in Auftrag gegeben, um herauszufinden, was wo getan werden muss, welche Probleme und Stärken es beim ASD gebe. „An den meisten der Probleme arbeiten wir schon, weil wir sie kennen.“
So habe man seit 2006 insgesamt 70 neue Stellen beim ASD geschaffen und die Besoldung hochgesetzt. Zwar sind immer noch 16 der insgesamt 342 Stellen unbesetzt, die Nachbesetzungen laufen aber auf Hochtouren, heißt es.
Für ver.di reicht dies nicht. De Vries: „Die zusätzlich geschaffenen Stellen sind längst durch die Zunahme von Meldungen, erhöhte Armut und Dokumentationspflichten aufgefressen.“


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